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St. Raphael hilft Togo e.V. - Jahresbericht 2001

Kamba Luësa: Der Sämann


Bankverbindung: Sparkasse Heidelberg
„St. Raphael hilft Togo e.V.
Konto-Nr. 10 19 210 ,
BLZ 672 500 20
-Liebe Schülerinnen und Schüler! Liebe Eltern! Liebe Togo- Freunde!

Wenn diese Togo-Informationen euch / Sie erreichen, hat das neue Schuljahr begonnen mit all den Chancen und Schwierigkeiten, die in einem Neuanfang stecken. Allen wünsche ich einen guten, erfolgreichen Verlauf des Schuljahres, Erweiterung und Vertiefung des schulischen Wissens und ein klarsichtiges Auge und ein offenes Herz für die Nöte nah und fern, in der unmittelbaren Umgebung und in der weiten Welt, besonders in Togo.

Ich schreibe diese Zeilen unter dem Eindruck des G8Gipfels in Genua. Eine Expertin in Sachen Finanzpolitik bin ich nicht, Einzelheiten kann ich nicht kompetent beurteilen. Aber die Entwicklung insgesamt macht mir Sorge. Wir, die Industriestaaten, beklagen ein zu geringes Wirtschaftswachstum – und verlieren dabei oft die Not der sog. Entwicklungsländer aus dem Blick. 1992 vereinbarten die Regierungen der Industrieländer in Rio de Janeiro, dass die Entwicklungshilfe 0,7 % des jeweiligen Bruttosozialproduktes betragen sollte. Aber der deutsche Anteil beträgt derzeit nur 0,2 % oder etwa 1,5 % des Gesamthaushaltes. Angesichts dieser Tatsache fordert Bischof Kamphaus von Limburg den Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, zu den Zusagen zu stehen. Bischof Kamphaus schreibt: „Heute müssen wir feststellen, dass der wirtschaftliche Riese Deutschland, bezogen auf das Bruttosozialprodukt, mit seinen Ausgaben für Entwicklungshilfe in Europa weit am Ende steht .... Ich weiß wohl, dass der Konsolidierung des Bundeshaushaltes große Bedeutung zukommt. Wir können es uns aber nicht leisten, unsere Probleme auf Kosten der Armen zu lösen. Die internationale Solidarität Deutschlands verträgt keine Kürzungen mehr“ (vgl. Christ in der Gegenwart, Nr.26, 2001, S. 218).

Um so erfreulicher ist es, dass ihr / Sie auch im zurückliegenden Zeitraum unsere Togo-Projekte unterstützt habt / haben. Dafür danken wir an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich allen Freunden, danken für jede kleinere und größere Gabe, die dazu beiträgt, Not zu lindern. Wir wissen, dass wir mit unserem Einsatz keine weltverändernde Wirkung erzielen. Aber wir sind überzeugt, dass wir Lichter der Hoffnung entzünden und am Leben erhalten und dass dieser Einsatz nicht folgenlos bleiben wird gemäß dem oft zitierten afrikanischen Spruch:

Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten,
die viele kleine Dinge tun,
können das Angesicht der Erde verändern.


Dass wir kleinen Leute uns auch in Zukunft einsetzen, dass das Angesicht der Erde sich verändert, menschlicher, menschenwürdiger wird, das ist mein Wunsch und meine Bitte. Ich denke, wir alle wären die Nutznießer dieser Veränderung.

Doch schauen wir nun, was wir von unseren Freunden zu berichten haben. Corneille, unser Bäckermeister, hat wie alle Togoer mit erheblichen Existenzschwierigkeiten zu kämpfen. Die Bäckerei bringt nicht genug ein, obwohl die Backwaren anerkannter Maßen vorzüglich sind. In Folge der schlechten wirtschaftlichen Lage können es sich die Menschen nicht leisten, wirklich gutes, gesundes und wohlschmeckendes Brot zu kaufen. Corneille ist erfinderisch, neue Einnahmequellen zu erschließen. Er stellt das Telefon zur Verfügung, ebenso das Faxgerät. Zu Festen und Feiern kann man bei ihm Tische und Stühle leihen. Für diesen Teil des Geschäftes sowie für den Verkauf ist seine Frau Marie-Claire verantwortlich. Auf sie kann er sich verlassen, ebenso auf seinen Bruder Camille. Aber das Misstrauen wächst, besonders nachdem der Fahrer mit dem Mehlgeld durchgebrannt ist. „Wem kann man noch trauen?“ fragt er in einem seiner Briefe fast verzweifelt. Immer neue Quelle der Freude ist für ihn, seine Frau und die gesamte Familie die kleine Tochter Heide-Marie, die sich prächtig entwickelt und immer neuen Anlass zur Hoffnung gibt.

Bewundernswert bei Corneille ist es, dass er trotz eigener Sorgen noch offene Augen und Ohren hat für die Not anderer, z.B. für ein ca. vierzehnjähriges, elternloses Mädchen, das nach einer Kinderlähmung nicht mehr gehen kann, sondern sich nur kriechend fortbewegt, um z.B. zur Schule zu kommen, die ungefähr 1 Kilometer von der Unterkunft bei der Adoptivmutter entfernt liegt. Was in einem solchen Mädchen vorgeht, besonders wenn in der Regenzeit die Wege im Schlamm versinken – wir können es uns sicher gut vorstellen. Nachdem Corneille dieses Mädchen in den Blick gekommen war, bat er beim Verein um die Finanzierung eines Rollstuhls, wie ihn vor Jahren Nicolas und Thomas hatten. Dieser Bitte sind wir gern nachgekommen. Nun ist das Dasein dieses Mädchens etwas menschenwürdiger.

Zuverlässig und weitdenkend geht Camille vor, der für uns das Insulin und Gemüsegeld für Afia-Franziska und ihre Mutter Elisabeth verwaltet. Nach Beratung mit seinem Bruder Corneille und Rücksprache mit Frau Dilger bekommt Afia-Franziska das Geld für Insulin jetzt in kleinen Raten, um es selbst in der Apotheke zu kaufen. Durch diese Maßnahme soll sie zu einer größeren Selbstständigkeit geführt werden, sie soll auch begreifen, wie teuer die Medikamente sind, die sie seit Jahren aus Deutschland bekommt. Sie soll dadurch die Hilfe schätzen lernen. Afia-Franziska steht jetzt unmittelbar vor dem Abschluss ihrer Ausbildung im Friseurhandwerk. Es bleibt zu hoffen, dass sie die Prüfung besteht und dass sie dann nicht mehr ganz auf unsere Unterstützung angewiesen ist. Afias Mutter ist Analphabetin. Die Quittungen über erhaltenes Insulin unterzeichnet sie mit einem Daumenabdruck.

Henri vervollständigt seine Ausbildung als Automechaniker durch die Arbeit in einer anderen Werkstatt als der Ausbildungsstätte. Doch gilt diese Tätigkeit trotz abgeschlossener Lehre noch als Ausbildungszeit, d.h. er erhält keinen Lohn, sondern er ist weiter auf unsere Unterstützung angewiesen. Deshalb bittet er auch für die Zukunft um Hilfe. Zugleich aber bringt er seine Dankbarkeit zum Ausdruck für alles, was er empfangen hat. „Alles bin ich durch euch“, heißt es in einem seiner Briefe. Er träumt von einem Lastwagen, mit dem er quer durch Togo Dienste abwickeln möchte. Er weiß aber, dass der Kauf eines LKW die Möglichkeit unserer Hilfe übersteigt.

Geneviève und Léopold haben es im Norden des Landes sehr schwer zu überleben, auch wenn Léopold eine feste Anstellung als Lehrer hat. Das Gehalt vom Staat bleibt oft monatelang aus, so dass die beiden auf die geringen Einnahmen angewiesen sind, die Geneviève vom Verkauf von Waren für den alltäglichen Gebrauch erzielt. Damit Léopold von seiner Wohnung am Stadtrand die Schule besser erreichen kann, erhielt er vom Verein ein Fahrrad. In seinen Briefen bringt er seine Dankbarkeit dafür zum Ausdruck. Ohne Fahrrad wüsste er nicht, wie er seinem Dienst und seiner Familie gerecht werden sollte.

Cosme hat sein Abitur bestanden und ist unter die Priesteramtskandidaten der Diözese Benin aufgenommen worden. Offensichtlich werden die jungen Leute im Seminar an eine straffe Ordnung gewöhnt und zu einem intensiven religiösen Leben angehalten, in eine Spiritualität eingeführt, die für das spätere Leben mit seinen Belastungen und Zumutungen ein tragbares Fundament darstellen soll. Das ist gewiss gut so, denn auch für diese Leute sieht die Zukunft nicht rosig aus. Cosme wird auch weiter auf unsere Hilfe angewiesen sein.

Den wirtschaftlichen Niedergang des Landes bekommen Nicolas und seine Mitarbeiter Thomas und Romain in ihrem Computerzentrum besonders zu spüren. Nicolas schreibt von der Lähmung, die sich über das ganze Land ausgebreitet hat. Die Kaufkraft des Geldes schwindet. Das bedeutet für das Zentrum: es gibt weniger Aufträge und, was schwerwiegender ist: die Schülerzahlen gehen um 50 % und mehr zurück. Das ist nicht mangelndes Interesse der jungen Afrikaner, sondern es fehlen die Mittel. Deshalb war es bisher auch nicht möglich, das Geschäft um einen Internetanschluss zu bereichern. Nicolas sieht die Situation klar, realistisch. Aber er lebt aus der Überzeugung: Ein Christ verzweifelt nicht. Das Leben wird und muss weitergehen.

Schwerpunktmäßig wird das Kinderheim in Benin unterstützt. Soeur Julie und ihre Mitschwestern leisten gute, aber auch sehr aufreibende Arbeit bei den Säuglingen und den größeren Mädchen. Arbeiten an Haus und im Gelände gehen – wie im Vorjahr – weiter. Corneille macht ab und zu einen Besuch dort, wird von allen Schwestern und Kindern herzlich empfangen und überzeugt sich, dass unsere Gelder sachgemäß verwendet werden. Von Soeur Julie kommen kurze, herzliche Grüße, die immer neu ihre Freude und ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Zu langen Ausführungen reicht bei ihr die Zeit einfach nicht.

Mehr habe ich heute von unseren Freunden in Togo nicht zu berichten. Aber ich denke, es ist deutlich geworden, wie sehr unsere Hilfe angebracht, ja notwendig ist im eigentlichen Sinn des Wortes. Unsere Freunde spüren das zunehmend. Immer wieder danken sie für die Hilfe, die ihnen zuteil wird. Gern gebe ich diesen Dank an euch / an Sie weiter zugleich mit der Bitte: bleibt ihr / bleiben Sie der Togo-Sache treu. Ohne euch / ohne Sie bleiben uns die Hände gebunden.

Bisher habt ihr / haben Sie uns nicht enttäuscht, sondern uns unterstützt. Danken möchten wir den Schulleitungen der St. Raphael Schulen für die Förderung unserer Werke; danken allen Schülerinnen und Schülern für das sog. Missionsgeld und mache Kollektenspende. Unser Dank gilt auch allen, die mit dem Einsammeln der Beträge beschäftigt sind. Der Dank gilt auch Ihnen, liebe Eltern, die Sie mit Ihren Kindern das Werk tragen. Ein besonderer Dank auch den treuen und großzügigen Spendern, die uns über die Schulzeit der Töchter und Söhne hinaus unterstützen und all denen, die sonst noch zu den Togo-Freunden gehören. Was täten wir ohne Sie alle!! Mein Dank an dieser Stelle gilt auch und besonders Frau Maja Dilger, die nicht nur die Spenden sehr sorgfältig verwaltet, sondern auch den Kontakt zu den fernen Freunden pflegt.

Ich schließe mit einem herzlichen Dankesgruß des Vereins „St. Raphael hilft Togo“ und grüße Sie alle,

S. Roswitha Völzgen